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Der Wille zum Bösen

Wahrheit oder Wahn?

Von Cordelia Albert

Ist die Geschichte, sind die Morde wirklich so passiert oder ist es nur Einbildung? Beim Thriller "Der Wille zum Bösen" kann man sich da nicht sicher sein – und das bis zum Schluss des spannenden Buches. 

Der amerikanische Autor Dan Chaon erzählt eine Mordgeschichte über drei Generationen im Zeitraum von 1978 bis 2014. Der Psychologe Dustin Tillmans findet als Kind seine Eltern sowie Onkel und Tante, die alle brutal umgebracht wurden. Vor Ort waren auch seine Cousinen und sein adoptierter Bruder Russell, der aufgrund der Aussagen von Dustin und Cousine Kate für die Morde schuldig gesprochen wird. Rund dreißig Jahre später wird Russell jedoch rehabilitiert und kommt frei. Der Psychologe fürchtet seine Rache und stürzt zusätzlich durch den Krebstod seiner Frau in emotionale Instabilität. Gleichzeitig behauptet sein neuer Patient, ein beurlaubter Polizist, dass er unerkannten Serienmorden an jungen Männern auf der Spur ist und bittet um seine Hilfe. Dustin verfängt sich immer mehr in einem Netz aus Wahrheit und Wahn.

Aus elf verschiedenen Buchteilen, die insgesamt einen Zeitraum von 36 Jahren umfassen, lässt der Autor nach und nach ein Ganzes wachsen. Dabei gibt es immer wieder zeitliche Verschiebungen, mal ist man in der Epoche der Großeltern-Generation, mal wird die Entwicklung der Personen in der Zwischenzeit beleuchtet und dann findet man sich wieder im Heute, in dem scheinbar junge Männer im Alter der Enkel umgebracht werden. Abwechselnd erzählt immer eine andere Person, wodurch der Leser ständig eine neue Sicht auf die Protagonisten bekommt. Nachdem beispielsweise Dustin vorstellbare Fakten aufführt, beschreibt ihn sein Sohn als nicht zurechnungsfähig und dieser wiederum wird als abgedrehter Junkie bezeichnet. So erhält man jeweils sehr facettenreiche, aber auch stark von Betrachter definierte Bilder von allen. Das wirklich Spannende ist, dass bis zum Schluss jeder schlüssig und nachvollziehbar der Mörder sein könnte. Und auch eine Verbindung, der meisten Personen zu den aktuellen Todesfällen ist denkbar, wenn nicht sogar ihre Täterschaft. Das macht das Buch so faszinierend.

Schwierig hingegen ist der Schreibstil: Dan Chaon lässt die Sätze häufig unbeendet. Das symbolisiert zwar oft auch das Gedankenchaos der Menschen, schafft reale Gesprächssituationen, in denen der eine den anderen nicht ausreden lässt und bietet dem Leser viele Möglichkeiten zu eigener Interpretation, doch das muss man mögen, genau wie das seitenlange tabellarische Gegenüberstellen verschiedener Ereignisse bzw. unterschiedlicher Gedanken der Erzähler. Eine Herausforderung, anstrengend zu lesen und oft nervig, manchmal aber durchaus auch reizvoll. 

Heftig und "mit Willem zum Bösen" ist dann das Ende, bei dem nach 600 Seiten vieles offen bleibt und mit dem der Leser ziemlich alleine gelassen wird. Man glaubt zu erfahren, wer der Mörder ist, aber es bleibt viel Platz für Spekulationen und die eigene Phantasie. Wahrheit oder Wahn? Es kann so gewesen sein oder auch ganz anders.

29. August 2018

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