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Die Chefin. Roman einer Köchin

Große Liebe fürs Kochen – und die Küchenchefin

Von Cordelia Albert

Es ist auch eine Geschichte über das Kochen, aber viel mehr ist es die Schilderung einer großen, ungewöhnlichen Liebe, von der der Ich-Erzähler in diesem Roman berichtet. Als junger Mann startete er sein Berufsleben als Koch in einem kleinen Restaurant in Bordeaux, in dem er innerhalb kürzester Zeit der Küchenchefin und der Kunst des Kochens verfällt. Im Rückblick erzählt er die Geschichte der Frau, die er nur „die Chefin“ nennt, und ihren unglaublichen Werdegang. Aus einer armen Familie stammend und ohne Perspektive, erhält sie als junges Mädchen die Chance Köchin zu werden und etwas aus ihrem Leben zu machen. Sie arbeitet hart, ihre Leidenschaft fürs Kochen und ihre konsequente Herangehensweise bringen Erfolg. Sie eröffnet ihr eigenes Restaurant, wird berühmt und sogar mit einem Stern ausgezeichnet. Doch sie ist eine verschlossene, zurückhaltende, sich sogar oft verstellende Frau, deren komplizierte Gedankenwelt aus Sicht des Erzählers scheinbar nur von ihm verstanden wird. Durch seine Erinnerungen lernt der Leser dabei auch den Werdegang des Mannes kennen und sein enges Verhältnis zur Chefin, die er im Laufe der Jahre fast bis zur Besessenheit liebt. Doch beide überschreiten selbst gesteckte Grenzen nie und auch, als die Chefin plötzlich ein Kind bekommt und er selbst eine eigene Ehe eingeht, bleibt der Koch ihr treu verbunden.

Doch dann springt der Erzähler plötzlich ins Heute und berichtet in zunehmend mehr und mehr Passagen aus seinem aktuellen Leben: Er ist im Ruhestand, lebt in Spanien, in Lloret de Mar, und verbringt mit seinem Freundeskreis eine entspannte Zeit. Das Kochen hat er nicht nur komplett aufgegeben, sondern nie jemandem davon erzählt. Doch dann holt ihn die Vergangenheit ein und die ganze Erzählung nimmt am Ende eine überraschende Wendung, wenn die verschiedenen Zeitstränge zusammengeführt werden.

Die französische Schriftstellerin Marie NDiaye, die 2009 für ihren Roman „Drei starke Frauen“ mit dem Prix Concourt ausgezeichnet wurde und inzwischen in Berlin lebt, portraitiert in diesem Buch das Psychogramm zweier Einzelgänger, die sich in ihrer Leidenschaft zum Kochen und auch in ihrer komplizierten Gedankenwelt blind verstehen. Schwierig wie der Charakter der beiden Protagonisten ist auch der Stil des Buches: Lange Sätze mit vielen aneinandergereihten Adjektiven, ein komplett durchlaufender Text und plötzliche Zeit- und Gedankensprünge sind durchaus eine Herausforderung an den Leser. Man braucht eine Weile, um in den Aufbau des Buches und den Satzbau herein zu finden. Ein vom Schreibstil her anspruchsvoller Lesestoff, bei dem man aber, wenn man dranbleibt, mit einer guten Geschichte, Einblicken in die Welt der Profiküche und einem interessanten Ende belohnt wird.    

12. Januar 2019

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