Die Schwester des Tänzers

1939 auf einer Schiffsüberfahrt zwischen Europa und Amerika: In Rückblicken reflektiert eine Frau für ihre Tagebuchaufzeichnungen noch einmal ihr bisheriges Leben. Es handelt sich um Bronislava Nijinska, genannt Bronia, die polnischstämmige russische Balletttänzerin, Choreografin und Tanzpädagogin, Schwester des berühmten Tänzers Vaslav Nijinsky. Die Ich-Erzählerin erinnert sich an ihre Eltern, beide ebenfalls Tänzer, an ihre Kindheit im Künstlerhaushalt und an die Förderung und Ausbildung an der Ballettakademie des russischen Zaren in Sankt Petersburg. Vor allem ihr Bruder Vaslav gilt als hochbegabter Tänzer, doch auch Bronia kann sich Anerkennung erkämpfen und folgt dem Bruder schließlich zum legendären Ballets Russes nach Paris. In den kommenden Jahren und an verschiedenen Orten kann sie sich schließlich als moderne Künstlerin behaupten, als Frau emanzipieren und eigene, erfolgreiche Wege gehen.

Im Laufe der Romanbiografie lernt der Zuhörer aber nicht nur die Tänzerfamilie Nijinsky und das berühmte Ballets Russes ausführlich kennen, sondern auch die europäische Zeitgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Handlung reicht von den letzten Jahren des russischen Zarenreichs, der Revolution und der folgenden Schreckensherrschaft der Bolschewiken über das ausschweifende Leben in den europäischen Metropolen der Goldenen Zwanziger Jahre bis hin zum instabilen Europa kurz vorm 2. Weltkrieg. Dabei gelingt es der Autorin Eva Stachniak in einer wundervollen Sprache die Welt des Balletts aufleben zu lassen und feinfühlig die Eigenheiten des künstlerischen Denkens und Lebens zu beschreiben. Die in Polen geborene Dichterin, die heute in Toronto lebt, ist vielen Lesern bereits durch ihre international erfolgreichen historischen Romane „Der Winterpalast“ und „Die Zarin der Nacht“ bekannt, in denen es um die russische Zarin Katharina die Große und ihren Werdegang geht. Wie bei den beiden zu diesen Titeln erhältlichen Hörbüchern wurde auch das aktuelle Buch der Autorin wieder von der deutschen Schauspielerin Gabriele Blum eingesprochen. Die Aufnahme lebt von ihrer angenehm warmen Stimme, die die jeweiligen Emotionen perfekt wiedergibt und sich individuell den Personen anpasst. So trägt die Sprecherin mühelos auch alleine das mit fast zehn Stunden sehr lange Werk, das man aber auch gut mit Unterbrechungen hören kann. Ein Hörbuch besonders für Liebhaber historischer Biografien, interessanter Familiengeschichten und natürlich für alle, die sich für Ballett interessieren.

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