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Es ist eine fantastische Geschichte – wie so oft, wenn das Leben seine unglaublichen Wege geht: Der Arzthelferin Claudia Klütsch aus Wesseling fällt im Jahr 2005 kurz vorm Waschen aus dem neuen Herrenhemd ihres Mannes ein Pappzettel entgegen, auf dem in brüchigem Englisch steht: „Ich bin ein armer Mann. Ich brauche Geld zum Leben. Bitte helfen Sie mir. Bitte reichen Sie mir ihre Hand. Ich hoffe, dass Gott Sie beschützt.“ Außerdem steht da die Adresse von Gazi aus Bangladesch. Was tun? Ist das ein Hilferuf oder kriminelle Abzocke? Hin- und hergerissen beschließt die Mutter von vier Kindern auf ihr Herz zu hören. Sie schreibt einen Brief an Gazi und legt 23 Dollars dazu. Die Zweifel bleiben. Doch als nach einigen Wochen die Antwort des jungen Mannes mit Dankesschreiben und Familienfotos im Briefkasten liegt, ist das der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft und für Familie Klütsch öffnet sich eine neue Welt. Claudia und Martin Klütsch fahren zusammen mit einem Fernsehteam nach Bangladesch um Gazi zu treffen. Sie lernen ihn, seine Familie und die Lebensumstände kennen und beschließen, ihn regelmäßig finanziell zu unterstützen. Es entsteht eine Verbindung, die das Leben beider Familien für immer verändert.
Zweimal, 2006 und 2018, hat das
Ehepaar Gazi in Bangladesch besucht. Über ihre außergewöhnliche Geschichte hat Claudia
Klütsch zusammen mit dem Journalisten Dirk Höner, der sie mit einem Filmteam
bei beiden Reisen begleitet hatte, dieses Buch geschrieben. Darin berichtet sie
auf sehr einnehmende Weise über ihre Begegnungen mit dem jungen Mann, der ihr
Leben ordentlich durcheinandergewirbelt hat. Der Leser erfährt viel über die
Lebensumstände in dem armen Land, über die Arbeitsbedingungen in der dortigen
Textilindustrie, über Hoffnungs- und Chancenlosigkeit, aber auch über
Gemeinschaftsgeist und selbstlose Hilfe. Das Besondere dabei sind die sehr ehrlichen
Gedanken und Zweifel von Claudia Klütsch, die sie offen anspricht und nicht
schönt. Diese wiederum treffen auf eine sehr humorvolle, rheinische Lebensart
und ein großes Herz. Während die Autorin von „ihrem kleinen Märchen“ spricht,
ist man beeindruckt, wie uneigennützig und großzügig diese durchschnittlich
verdienende Familie mit vier Kindern der anderen Familie geholfen hat. Am Ende stellt
sich dem Leser unweigerlich die Frage, wie er sich wohl bei einem solchen
Hilferuf verhalten hätte.
14. April 2019