OvW Hörbuch Blog

Kranichland

Familientragödie in Zeiten der DDR

Von Cordelia Albert

Ein Einschreiben, das die Familiengeschichte zum Einsturz bringt: Die im heutigen Berlin lebende Altenpflegerin Theresa Groen erhält einen Brief von einem Notar. Ihre Schwester Marlene ist gestorben und hinterlässt ihr die Hälfte eines Hauses in Rostock. Das Problem daran ist, dass Marlene bereits vor Theresas Geburt bei einem Unfall gestorben ist. So hieß es. Wieso lebte die Schwester doch noch? Und wieso erbt Theresa nun ausgerechnet das ehemalige Haus ihrer Eltern von ihrer totgeglaubten Schwester? Was kann nur passiert sein?

Da der Vater ist schon lange gestorben und die Nachfrage bei der dementen Mutter erfolglos ist, beginnt Theresa zusammen mit ihrer Tochter Anna auf eigene Faust zu recherchieren und stößt auf immer mehr Ungereimtheiten. Was sie über ihre Familie weiß, stürzt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Alles ist eine Lüge und stattdessen kommt eine schreckliche Familientragödie ans Licht.

Diese wird dem Zuhörer in unterschiedlichen Zeitsträngen erzählt: Da ist zum einen die Geschichte von Theresas Eltern, Johannes und Elisabeth, die in der NS-Zeit aufwachsen, sich nach dem zweiten Weltkrieg in Rostock kennenlernen und ein Paar werden. Ihr Leben ist vom DDR-System, Johannes Karriere beim Ministerium für Staatssicherheit und zunehmender Entfremdung geprägt. Daneben wird aus dem Heute, aus Theresas Recherche heraus, die Geschichte ihrer beiden großen Schwestern Charlotte und Marlene rekonstruiert, die im Ost-Berlin der 60er-Jahre aufwachsen. Doch während Charlotte wie ihr Vater „linientreu“ und eine große Anhängerin des Sozialismus ist, ist die künstlerisch begabte Marlene, ein Freigeist, der die Partei-Ideologie in Frage stellt. Als sie sich in den Pfarrerssohn Wieland verliebt und beide von Flucht und einem Leben in Freiheit träumen, wird Marlene immer mehr zum „Problemfall“ für die Familie, die eine fatale und unmenschliche Entscheidung trifft.

„Kranichland“ ist der Debutroman der 1979 in Dresden geborenen und heute in Berlin lebenden Autorin Anja Baumheier. Sie macht mit ihm ein Stück Zeitgeschichte aus Sicht der Menschen lebendig, indem sie das Leben und die Nöte der Einwohner der DDR beleuchtet. Durch die immer wieder wechselnden Erzählebenen von damals und heute, die am Ende die ganze Geschichte ergeben, baut sie gekonnt Spannung auf. Beate Rysopp spricht mit einer ruhigen, angenehmen Erzählstimme routiniert den Text. Aber es wäre auch gut denkbar gewesen, wenn man bei der Hörbuchversion für die verschiedenen Zeitebenen unterschiedliche Sprecher gewählt hätte.    

29. April 2019

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