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Menschen, die einander vertraut sind, führen andere Gespräche als Fremde, die beispielsweise einmalig zu einem Interview zusammenkommen. Wenn man sich kennt, vielleicht schon länger, oder wenn man sogar befreundet ist, dann weiß man viel voneinander und man öffnet sich. In einer solchen Konstellation kann eine ganz besondere Art von Zweigespräch entstehen, eine, die persönlich ist, tiefer geht, sich philosophisch entwickelt.
So ist es in diesem Buch geschehen, in dem die Gedanken- und Gefühlswelt des israelischen Schriftstellers und Journalisten Amos Oz, dem meist übersetzten Autor seines Landes, anhand von Gesprächen mit Shira Hadad wiedergegeben wird. Die ebenfalls aus Israel stammende Lektorin lernte den bekannten Schriftsteller 2014 bei ihrer gemeinsamen Arbeit für dessen Roman „Judas“ kennen. Aus den Arbeitsbesprechungen entstanden schnell intensive Gespräche und ein lange über das Erscheinen des Werks hinaus andauernder Dialog.
Die Essenz daraus haben die beiden in dem Buch „Was ist ein Apfel? Sechs Gespräche über Schreiben und Liebe, Schuldgefühle und andere Genüsse“ veröffentlicht und wie der Titel schon ankündigt, ist der Text komplett als Dialog gestaltet. Aber ist es kein reines Gesprächsprotokoll, sondern eine literarische Bearbeitung in einer strukturierten Zusammensetzung. Das Besondere dabei ist auch, dass Autor und Lektorin sich auf Augenhöre begegnen. Shira Hadad ist eine zurückhaltende, aber gleichwertige Gesprächspartnerin und die Hochachtung, die die beiden einander entgegenbringen, wird im Buch ebenso deutlich, wie der Intellekt und die Weisheit eines faszinierenden, lebenserfahrenen Mannes.
So lernen wir beim Lesen die Welt von Amos Oz kennen. Er berichtet sehr persönlich über seine Herkunft, seine Familie und seinen Werdegang, analysiert sein Werk, gibt Einblicke in seinen Arbeitsalltag, den kreativen Prozess des Schreibens nebst Schreibblockaden und den Umgang mit Kritikern, und spricht auch über aktuelle gesellschaftliche Themen, wie beispielsweise die Entwicklung des Feminismus.
Dass politische Inhalte dabei nicht vorkommen, hat seinen Grund: Bereits im Jahr 2017 war mit „Liebe Fanatiker – Drei Plädoyers“ ein eigenständiges Werk mit drei Essays zum Thema Fanatismus ausgekoppelt worden. Und weitere Gespräche, die eher einen politischen Charakter haben, sollen noch in einem separaten Buch erscheinen.
Amos Oz ist am 28.12.2018 gestorben – und so lässt sich dieses Werk ein bisschen auch als sein geistiges Vermächtnis ansehen.
13. Januar 2020
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