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Abgefahren

Der Titel ist Programm: Was für eine ‚abgefahrene‘ Roadstory!

Von Cordelia Albert

Ein Teenager fährt mit seiner toten Mutter im Kofferraum quer durch Europa, um sie in ihrem Heimatland Rumänien beerdigen zu können. Was ihn Autor Dirk Pope dabei erleben lässt, ist schräg und unglaublich, kalt und herzlos, aber auch liebevoll und familiär.

Die Reise beginnt in Deutschland, in Essen, in dem der gerade 17-jährige Viorel, ein durchschnittlicher Junge der Unterschicht, adipös und hoffnungslos, alleine mit seiner Mutter als einziger Bezugsperson lebt. Nachdem er sie tot am Frühstückstisch gefunden hat, beschließt er kurzerhand, ihr ihren letzten Willen zu erfüllen: Wenn sie einmal stirbt, wolle sie in ihrem Heimatland Rumänien beerdigt werden. Und so macht sich Viorel ohne Führerschein, mit dem wenigen letzten Geld der Familie und der Leiche im Kofferraum im alten, klapperigen Corsa auf, um nach Rumänien zu fahren, seinen ihm unbekannten Onkel zu suchen und ihn um Hilfe bei der Beerdigung zu bitten. Als er dann einen merkwürdigen Anhalter mitnimmt, der nach Ungarn möchte, mit dem aber definitiv etwas nicht stimmt, beginnt die Reise noch skurriler zu werden. Bis zu seiner letzten Station, dem Schwarzen Meer, kommt der Junge in rasantem Tempo mit weiteren Toten, Aberglauben, alten Mythen, schlimmen Unwettern und moderner Wegelagerei in Kontakt. Er trifft auf desinteressierte, geldgierige Menschen, erfährt aber auch Freundlichkeit und Hilfe und sogar so etwas wie ein familiäres Umfeld. Mehr als einmal muss der phlegmatische Teenager unter großen Anstrengungen seine körperlichen und psychischen Grenzen überschreiten. Stück für Stück wächst er über sich hinaus und bekommt ein völlig neues Bild von sich und seinem Leben.

Die Besonderheit dieses Buches liegt nicht nur in der originellen Handlung, sondern auch in der sehr jungen Sprache, dem schnellen Erzählrhythmus und den knappen, punktgenau formulierten Sätzen. Man merkt, dass der Autor als Lehrer in engem Kontakt mit Teenagern und ihrer Gedankenwelt steht. Nie wird lange um irgendetwas ‚herumgeredet‘, sondern die Dinge werden klar beim – manchmal auch unschönen – Namen genannt. Es entstehen tolle Sätze mit gelungen Wortspielen. Wenn Dirk Pope seinen jungen Protagonisten während der langen Fahrt und in schwierigen Situationen über sich selbst nachdenken lässt, kommen (irr)witzige Gedankengänge zu Tage. Viorels Verknüpfung blutiger (Dracula- und Gräfin Báthory-)Mythen – er fährt schließlich auch durch Transsilvanien – mit realen Personen und die Selbstgespräche mit seinem alten Ich sind absolut unterhaltsam und gelungen, ebenso wie die Entwicklung der Person, denn Viorel wächst dem Leser von Kilometer zu Kilometer mehr ans Herz. Ein tolles Jugendbuch, das auch gut von Erwachsenen gelesen werden kann, für alle, die vor skurrilen Begebenheiten und herber Teenagersprache nicht zurückschrecken.    

29. September 2018

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