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Die Ladenhüterin

Skurrile Außenseiterin im Supermarkt

Von Cordelia Albert

Der Job im Supermarkt als Erfüllung des Lebens: Ein wirklich originelles Buch, das den Weg von Japan in den deutschen Sprachraum fand und hierzulande zu Recht als Geheimtipp gilt. Die Autorin Sayaka Murata lässt in ihrem kurzen Roman „Die Ladenhüterin“ die 36-Jährige Keiko Furukawa ihre Lebensgeschichte erzählen – die einer skurrilen Außenseiterin. Bereits als Kind war Keiko anders: Unfähig zu Gefühlen und geprägt von rein rationalem Denken, eckt sie schon in der Schule an und kann keine Beziehung zu anderen Menschen aufbauen. Ihre nur für sie logischen und für andere völlig unverständlichen Ansichten und Reaktionen sorgen für jede Menge Ärger und so beschließt sie, lieber kaum mehr zu sprechen und sich am Verhalten der anderen zu orientieren. Der Plan geht auf. Keiko verstellt sich, kann die Schule beenden und ein Studium beginnen – bis sie eines Tages auf dem Rückweg von der Universität einen Supermarkt entdeckt, der in Kürze eröffnen wird. Magisch fühlt sich die junge Frau von ihm angezogen, fängt als Ladenaushilfe an und findet die zu ihr passende Welt. Hier im Geschäft fühlt sie sich sicher, denn das von ihr verlangte Verhalten wird ihr antrainiert: Wie begrüße ich den Kunden, wie ist mein richtiger Gesichtsausdruck, was habe ich wann zu tun? Für Keiko, die im Leben so oft von den Reaktionen ihrer Mitmenschen irritiert ist, bieten die starren Regeln der Arbeit ein festes Korsett des Halts. Im Kosmos des Supermarkts fühlt sie sich „richtig“, und so bleibt sie auch nach ihrem Studium als Aushilfe im Laden. Die Jahre vergehen und plötzlich findet die Umwelt, dass Keikos Leben und ihr Alter nicht mehr zusammenpassten. Wieder steht sie vor einem Problem. Doch dann fängt im Supermarkt ein arroganter, unzuverlässiger junger Mann an, der auf seine Art ebenso ein Außenseiter ist wie sie und Keiko kommt auf eine Idee. Könnten sie zusammen nicht besser dem Bild entsprechen, das die anderen von ihnen erwarten? Ein Einfall, die ihr Leben gehörig durcheinanderbringen und für aberwitzige Situationen sorgen wird.

Mit ihrem Roman hält die Autorin dem Leser den Spiegel der modernen Gesellschaft vor, die sich von scheinbar festgelegten Regeln und Abläufen beherrschen lässt und in der Außenseiter keine Chance haben. Ihr Vergleich dieser heutigen Normen mit den altmodischen aus der Steinzeit ist plausibel nachvollziehbar. Dabei ist der Titel „Ladenhüterin“ spitzfindig gewählt: Die Protagonistin geht in ihrer Arbeit auf und als „Fossil“ der Aushilfen des Supermarkts hütet sie „ihren“ Laden mit vollster Hingabe. Gleichzeitig sieht ihre Umwelt in ihr als „alter Jungfer“ auch eine „Ladenhüterin“, eine übrig Gebliebene, die keinen Mann findet. In leichtem Stil geschrieben und mit fein gezeichneter Gesellschaftskritik und Ironie ist Sayaka Murata eine liebeswerte Satire gelungen für Leser, die außergewöhnliche Geschichten und Charaktere zu schätzen wissen und nicht vor der Auseinandersetzung mit bizarren Denkweisen zurückschrecken.    

10. Dezember 2018

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