Der Junge muss an die frische Luft

Dieser Titel ist keine Neuerscheinung: Die Autobiographie „Der Junge muss an die frische Luft“ von Hape Kerkeling kam bereits im Jahr 2014 auf den Markt. Dass das Werk aktuell wieder stark nachgefragt wird, liegt an der Ende Dezember 2018 ins Kino gekommenen, sehr gelungenen Verfilmung des Stoffes durch die deutsche Regisseurin Charlotte Link. Der Film wurde nicht nur Renner im Kino, sondern lenkte das Interesse auch wieder auf das Buch.

In diesem beschreibt der bekannte deutsche Entertainer Hape Kerkeling passend zum Untertitel „Meine Kindheit und ich“ seine Jugendzeit im Ruhrgebiet. Doch die ist eine ganz andere, als man es bei dem durch seine lustigen Sketsche und Parodien bekannten Fernsehstar erwartet hätte. Zwar wächst der kleine Hans-Peter zunächst unbeschwert inmitten einer rheinländischen Großfamilie auf, doch zunehmend wird das häusliche Umfeld durch die depressive Erkrankung der Mutter belastet. Als diese nach einer misslungenen Nasennebenhöhlen-Operation auch noch ihren Geschmacks- und Geruchssinn verliert, verlässt sie zunehmend der Lebenswille. Sie versucht, sich das Leben zu nehmen und stirbt schließlich nach Komplikationen im Krankenhaus. Ein schwarzer Schatten auf der Seele des kleinen, neun Jahre alten Jungen, der von Schuldgefühlen, Trauer und Wut überwältigt wird. Doch dann kommt die Hilfe, die Hans-Peter zu dem Hape machen wird, den wir heute kennen: Die Großfamilie kümmert sich um ihn, die Großeltern ziehen bei ihm, Bruder und Vater ein und die bewundernswerte Oma Bertha übernimmt mit Lebenserfahrung und unerschütterlicher Liebe die Rolle der Mutter und versucht die Wunden zu heilen.

All das beschreibt Hape Kerkeling, der bereits in seinem Bestseller „Ich bin dann mal weg“ sehr private Einblicke in seine Gedankenwelt gab, in diesem Buch auf äußerst persönliche und ergreifende Art. Ursprünglich als unterhaltsame Autobiographie eines schillernden Showstarts gedacht, öffnete sich der Entertainer nach jahrelangem Verdrängen durch die Begegnung mit einem todkranken Mädchen seiner Vergangenheit und erzählt seine Kindheitsgeschichte sowohl mit seinen Empfindungen als kleiner Junge, als auch aus heutiger Sicht als Erwachsener. In gut lesbaren 19 Kapiteln trifft der Leser, der sich emotional darauf einlässt, in diesem sehr persönlichen Text sowohl auf herzzerreißend Trauriges als auch Urkomisches zum Schmunzeln – und auf eine wirklich originelle Familie mit starken Persönlichkeiten.

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