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Die Menschenfabrik

Vision des künstlichen Menschen

Von Cordelia Albert

Die Handlung ist schnell erzählt: Ein Wanderer verirrt sich eines Abends und sucht einen Unterschlupf, als er ein großes, finster wirkendes Gebäude entdeckt. Auf sein Klingeln hin öffnet ihm ein kleiner Mann, der dem Verirrten erklärt, wo er sich befindet – in einer Menschenfabrik. Der Wanderer ist entsetzt und Empörung macht sich in ihm breit. Doch folgt er dem Mann, der sich inzwischen als Direktor vorgestellt hat, durch die Fabrik und dieser erläutert ihm die Prozesse der Herstellung und die Vorzüge der künstlich geschaffenen und auf Funktion und Zweckdienlichkeit optimierten Menschen. Ein Streitgespräch für und wider des freien, denkenden und fühlenden Wesens entsteht, bis der Wanderer angewidert die „Menschenfabrik“ verlässt und eine feine ironische Pointe die Geschichte beendet.

So kurz diese Erzählung ist, so besonders ist sie doch. Da ist zum einen der Zeitpunkt der Entstehung: Der Autor, Oskar Panizza, ein deutscher Arzt, Schriftsteller, Satiriker und Publizist, lebte von 1853 bis 1921 und „Die Menschenfabrik“ erschien als eine sehr frühe Vision des künstlich hergestellten Menschen bereits 1890, also weit vor den fiktiven Zukunftsromanen und Dystopien des 20. Jahrhunderts. Und obwohl die Geschichte vor mehr als einhundert Jahren veröffentlicht wurde, ist der Inhalt in der heutigen Zeit der unvorstellbaren wissenschaftlichen und technischen Möglichkeiten aktueller denn je, wie die Debatten um Genmanipulation oder künstliche Intelligenz beweisen.

Dazu kommt der große philosophische Aspekt. Panizza stößt den Leser geradezu in eine Gedankenflut hinein: Was macht den Menschen aus? Was unterscheidet ihn von Maschinen? Hat der Mensch ein Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung? Oder ginge es ihm besser, wenn er nicht so viele (Wahl)Möglichkeiten hätte, nicht so viel grübeln würde? Viel länger, als man diese kurze Geschichte liest, denkt man über das Geschriebene und die vielen philosophischen Fragen nach. Schade nur, dass der inspirierende Text von Joachim Bessing aus dem Jahr 2018 als Vorwort veröffentlicht wurde. Als Nachwort gelesen, hätte man unvoreingenommener in die Erzählung eintauchen und sich dann im Nachhinein von seinen Anmerkungen inspirieren lassen können. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass man mit diesem Buch auf einen inzwischen eher in Vergessenheit geratenen, aber höchst interessanten Schriftsteller stößt.

23. September 2019

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