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"Sie ist ein lebendiges Feuer, wie ich es noch nie gesehen habe", schreibt der Dichter Franz Kafka über eine tschechische Journalistin, die er nicht nur näher kennen-, sondern auch lieben lernen wird. Und wirklich: Jene Milena Jesenská, die über Jahrzehnte lediglich als kurze Liebesgeschichte Kafkas Erwähnung fand, ist viel mehr als das, denn sie brannte für das Leben. Milena Jesenská ist eine faszinierende, feministische Frauenpersönlichkeit, die unabhängig gelebt und die oft bitteren Konsequenzen ihrer Eigenständigkeit ganz selbstverständlich in Kauf genommen hat. Der deutsche Literaturwissenschaftler, Philosoph und Autor Alois Prinz, der sich einen Namen für gut recherchierte Biographien gemacht hat, begibt sich in seinem Buch mit viel Feingefühl auf die Reise zu Milena Jesenská, nähert sich über zahlreiche Quellen ihrem spannenden und facettenreichen Leben und zeichnet ein neues Bild ihrer Persönlichkeit.
Geboren 1896 in einem wohlhabenden Prager Professorenhaushalt bricht Milena schon als junge Frau mit bürgerlichen Konventionen und Erwartungen, sorgt für Skandale und strebt nach Unabhängigkeit und Eigenbestimmung. Die gegen den Willen ihres Vaters geschlossene Ehe mit einem Kaffeehausliteraten scheitert genauso wie andere Beziehungen. Auch der Erfolg ihrer journalistischen Tätigkeiten ist den turbulenten Zeiten und den politischen Strömungen unterworfen. Doch immer bleibt Milena neugierig auf das Leben, lebt es konsequent und mit unglaublicher Intensität. Unbeirrt trägt sie die Folgen ihrer Entscheidungen − die sie während der NS-Diktatur am Ende ins Konzentrationslager Ravensbrück bringen, in dem sie 1944 krank und entkräftet stirbt.
Alois Prinz zeigt dem Leser eine Frau, die nicht nur herausragende Persönlichkeiten der Literatur trifft, sondern selbst eine Quelle der Geschichte ist, indem sie in ihren eigenen Texten als hervorragende Beobachterin der Zeit ein ungeschöntes Bild der ereignisreichen Jahre zwischen den Weltkriegen widergibt. Ihre Gedanken und Ansichten sind sowohl philosophisch als auch ganz nah am Leben. Erstaunlich ist, dass der Titel in die Rubrik Kinder- und Jugendbuch eingeordnet wurde. Denn bis auf Teenager, die sich ausgesprochen für Geschichte und/oder Literatur interessieren, ist "Ein lebendiges Feuer" eher für Erwachsene zu empfehlen, die hoffentlich zu dieser tollen Biographie finden werden.
13. September 2017